Mikroabenteuer

Urlaub für’s Gehirn

Die Ferienzeit ist vorbei und wir sind längst wieder im Alltagstrott angekommen. Ich habe keine Urlaubstage mehr übrig, weswegen ich erst Weihnachten wieder eine längere Arbeitspause habe. Das geht vielen von euch sicher ähnlich und motiviert nicht gerade für die kommenden Monate. Wir versuchen dem Herbst- und Winterblues mit regelmäßigen kleinen Alltagsfluchten entgegenzuwirken. Zum Glück gibt’s dafür auch schon ein cooles Wort und so können wir euch heute in die Welt der Mikroabenteuer einführen.

Was ist ein Mikroabenteuer?

Der Begriff kommt eigentlich aus dem Englischen und wurde vom Abenteurer und Autor Alastair Humphreys geprägt. Es geht im Wesentlichen darum, kleine Abenteuer in seinen Arbeitsalltag zu integrieren. Diese sollten kurz, günstig und einfach zu erreichen sein. Man soll nach Feierabend beginnen und zum nächsten Arbeitstag wieder zurück sein. Für viele sind diese Alltagsfluchten mit einer Übernachtung im Freien verbunden. Ihr könnt aber auch viel kleiner anfangen. Wir haben in unserem Urlaub in Frankreich beobachtet, dass sich viele Leute Abends am See zum Picknicken und Boule spielen treffen. Wir haben uns gefragt, warum wir das nicht auch öfter machen. Die Menschen sahen sehr glücklich und entspannt aus und hatten einfach Freude daran, draußen zu sein. Wir selber verbringen hin und wieder spontan eine Nacht im Auto an einem See in der Nähe. Obwohl wir nicht weit weg von zu Hause sind, ist es unglaublich entspannend und manchmal so erholsam wie eine Woche Urlaub. Du sitzt draußen bis die Sterne funkeln und trinkst im Morgengrauen deinen Kaffee auf einem Steg, nachdem du gerade eine Runde schwimmen warst. Gut, die inoffiziellen Mikroabenteuer regeln sagen zwar, dass man kein Auto benutzen darf, aber ihr könnt eure Regeln ja für euch selbst festlegen. Mit den Apps Park4Night oder iOverlander findet ihr verschiedene Parkplätze in eurer Gegend. Wenn ihr kein Auto habt, könnt ihr auch eine Nacht im Garten zelten oder unter freiem Himmel schlafen oder in einem Wald biwakieren. Euer Mikroabenteuer soll einfach etwas sein, was ihr sonst in eurem Alltag nicht tut und was euch aus eurer Komfortzone heraus kitzelt. 

Wie bewege ich mich fort?

Wie schon erwähnt, sollte man sich für sein kleines Abenteuer möglichst ohne Auto fortbewegen. Damit es nachhaltig bleibt, ist es besser auch auf das Flugzeug zu verzichten. Ansonsten stehen euch viele Möglichkeiten offen. Ihr könnt mit dem Zug ein paar Stationen fahren und zurück wandern, eine Radtour machen, mit dem SUP los paddeln oder mit einer Fähre auf die nächste Insel übersetzen. Ihr könnt ebenso gut mit dem Stadtbus oder der S-Bahn zur letzten Station fahren und schauen, was ihr dort so vorfindet. Wichtig ist aber, dass ihr immer geeignete Navigationsmittel dabei habt. Neben dem Handy und einer Outdoor App (z.B. Outdooractive, Komoot) nehmt noch eine Karte und einen Kompass mit, damit ihr auch offline und ohne Strom den richtigen Weg findet. Checkt im Vorfeld, ob die Wege sich für euer Transportmittel eignen. Meist reicht hierfür eine kurze Routenplanung in einer App oder mit Maps. Solltet ihr auf dem Wasser unterwegs sein, besorgt euch entsprechende Karten und lernt die nötigen Regeln für Gewässer. Wir sind selber hin und wieder mit dem Faltboot unterwegs und kennen unsere Gegend ganz gut. Wir wissen, wo mit starken Winden zu rechnen ist, wann welche Passagen nicht befahrbar sind und wo es zu krautig zum Paddeln ist. Wenn ihr ein Gewässer nicht gut kennt, fragt die Locals und fahrt vorsichtig. Zu eurem jeweiligen Fortbewegungsmittel solltet ihr natürlich auch entsprechende Sicherheitsvorkehrungen vornehmen (Helm, Warnweste, Schwimmweste, Boje, Pfeife, etc.).

Was sind die gesetzlichen Grenzen?

Wir sind natürlich immer noch in Deutschland und nicht alles, was Spaß macht, ist auch erlaubt. Das Übernachten im Freien ist in den meisten Fällen nur ohne Zelt gestattet. Wildcampen, also das Übernachten mit Zelt in der freien Natur, ist in keinem Bundesland erlaubt und kann mit Ordnungsgeldern von 5-80 € bestraft werden. In Nationalparks und Naturschutzgebieten wird es mit bis zu 5000 € deutlich teurer. Es gibt in einigen Regionen Wildniscamps, die das Zelten im Wald erlauben. Dort muss man sich persönlich anmelden und bekommt dann die Koordinaten. Diese Plätze sind nur ohne Auto zu erreichen und bieten deswegen eine ungestörte Wildniserfahrung. Das Biwakieren, also Übernachten ohne Zelt, ist dagegen in allen Bundesländern erlaubt, da es als Notunterkunft zählt. Trotzdem gelten auch hierfür ein paar Regeln. Geht nicht in Nationalparks oder andere Naturschutzgebiete. Wenn ihr von Forstpersonal oder Jäger:innen angesprochen werdet, bleibt höflich. Wenn ihr glaubhaft machen könnt, dass ihr einfach nur ein tolles Naturerlebnis haben wollt, werdet ihr glimpflich davonkommen. Hinterlasst nichts und nehmt bestenfalls neben eurem Müll auch noch den der anderen mit. Schlagt euer Lager möglichst spät auf und baut früh wieder ab, um niemanden zu stören. Macht bitte kein Feuer, wenn es nicht ausdrücklich erlaubt ist. Bei Waldbrandgefahr ist auch das Betreiben eines Kochers nicht erlaubt. Das Rauchen ist im Wald grundsätzlich nicht erlaubt, zumindest in Mecklenburg-Vorpommern. Lasst euch von diesen Gesetzen, aber nicht davon abhalten, auf ein Abenteuer zu gehen. Eine Übersicht von Schutzhütten, Biwakplätzen und Unterständen findet ihr bei Camp Wild. 

Was brauche ich für mein Mikroabenteuer?

Man kann Unmengen von Geld für gute Ausrüstung ausgeben oder eben auch nicht. Für manche Mikroabenteuer braucht ihr gar nichts anzuschaffen, andere benötigen schon ein paar Dinge. Basics, die bei uns immer dabei sind:

  • Daypack → kleiner Rucksack 25l
  • Wasserflasche
  • Brotdose
  • kleines erste Hilfe Set
  • Mückenschutz, Sonnenschutz, Regenschutz
  • Snacks
  • Sitzkissen oder Picknickdecke oder kleine Plane
  • Navigation → Handy, Karten
  • Taschenmesser, Feuerzeug, Toilettenpapier
  • Ausrüstung zur jeweiligen Tätigkeit (Wanderstock, Stirnlampe, Helm, Fernglas, Bestimmungsbuch, Klettergurt, Schwimmweste, Paddel, Flickzeug für Reifen, Luftpumpe etc.)

für Übernachtungen:

  • 50-70l Rucksack
  • kleines Zelt bzw. Hängematte, Biwaksack
  • evtl. Tarp, Plane, Moskitonetz
  • Schlafsack
  • Isomatte
  • Kocher
  • Kaffee
  • Frühstück
  • extra Wasser oder Wasserfilter
  • Stirnlampe, Taschenlampe 
  • Persönliche Hygieneartikel 
  • evtl. Ohrstöpsel

Wenn ihr eine Übernachtung plant, sollten folgende Bereiche abgesichert sein:

Lager → Der Übernachtungsplatz sollte trocken und sicher sein. Prüft, ob der Boden eben ist bzw. ob euch der Baum halten wird und sucht eure Umgebung auf mögliche Gefahren ab. Checkt auch nochmal das Wetter und sorgt falls nötig für Schutz. Achtet darauf, dass Fluchtwege frei sind, falls ihr aus einer Gefahrensituation fliehen müsst. Achtet auch darauf, dass ihr euer Zelt nicht genau an einem Wildwechsel oder zu dicht am Wasser aufstellt. Ihr solltet auch Geländevertiefungen meiden, da es dort sehr kalt werden kann.

Sicherheit → Handy, Taschenlampe griffbereit haben und am besten mit in den Schlafsack nehmen. Es kommt zwar selten vor, dass es gefährlich wird bei einer Nacht im Wald, aber bereitet euch auf Tierbegegnungen vor. Füchse und Rehe können sich anhören wie wilde Hunde und jedes Knacken kann zur Horrorvorstellung werden, wenn man es zulässt. Da helfen aber Ohrstöpsel oder die drei ???. 

Nahrung → Genug Essen dabei haben, kleines Kochsystem mit Topf und Besteck und kein Essen liegen lassen, um ungebetenen Besuch zu vermeiden. Wenn es draußen schon etwas kälter ist, esst direkt vor dem Schlafengehen und macht unbedingt nochmal Pipi.

Ein paar Vorschläge

Ohne Übernachtung:

  • nehmt euer Abendessen als Picknick an einem schönen Ort ein
  • leiht nach Feierabend ein Boot oder ein Sup 
  • macht eine Waldwanderung
  • fahrt zur letzten Bus-Station und geht zu Fuß nach Hause
  • fahrt mit dem Fahrrad an einen See und geht baden
  • macht eine Nachtwanderung
  • macht eine Schneeschuhwanderung
  • kocht euer Abendessen auf dem Lagerfeuer
  • wandert für eine Stunde in eine Richtung und findet den Rückweg
  • erkundet Lost Places in eurer Nähe
  • die eigene Stadt mit dem Fahrrad umrunden

Mit Übernachtung:

  • eine Nacht im Garten schlafen, aber nicht in der Gartenhütte
  • zwei Abschnitte eines Fernwanderweges gehen, auf der Hälfte übernachten
  • ein Kanu leihen, auf einem Biwakplatz übernachten und das Kanu morgens zurückbringen
  • an einen schönen Ort fahren, eine Nachtwanderung unternehmen und im Auto schlafen
  • mit dem Fahrrad eine Stunde aus der Stadt fahren, Übernachtungsplatz suchen und morgens zurück fahren

Euch fallen sicher noch ganz fantastische Sachen ein, die man in den Stunden zwischen Feierabend und Arbeitsbeginn machen kann. Das Wichtigste ist, dass ihr Spaß habt, den Kopf frei kriegt und es euch nicht stresst, einen kleinen Trip zu planen. Wenn ihr euch darauf einlasst, habt ihr tolle Momente in der Natur, die euch auch persönlich wachsen lassen. Ihr könnt eure Gedanken ordnen, neue Lösungsstrategien entwerfen und aus Situationen, die euch ängstigen, neue Lernerfahrungen ziehen. 

Quellen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Mikroabenteuer

Förster, Christo; Harper Collins Verlag Hamburg  2019; Mikroabenteuer – Ideen, Ausrüstung, Motivation   

Pratscher, Frank; Pietsch Verlag Stuttgart 2020; be wild. 50 kleine Fluchten aus dem Alltag

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